Beten für die Gesundheit
In Westafrika ist für viele psychisch erkrankte Menschen der Weg in eines der vielen „Gebetszentren“ mit der Hoffnung verbunden, mit Hilfe des Glaubens und starker Gebete von ihrem Leiden befreit zu werden. Leider führt die „Behandlung“ in einiger dieser Zentren eher zu zusätzlichen Problemen als zu einer Lösung:
Oft werden die Betroffenen erneut angekettet und isoliert. Im schlimmsten Fall versuchen die Verantwortlichen die (vermuteten) Dämonen mit drakonischen Maßnahmen auszutreiben. Nahrungsentzug, Schläge oder Kaltwassergüsse verschlechtern aber fast immer den Gesundheitszustand der Patient*innen und führen – bei längerer Anwendung – im schlimmsten Fall zu Todesfällen. Die Problematik der menschenrechtswidrigen Praktiken für psychisch Kranke in Gebetszentren ist weltweit verbreitet, wie der Bericht „Living in chains“ von Human Rights Watch im Jahr 2020 deutlich machte. Auch in unseren Partnerländern – der Elfenbeinküste und Burkina Faso – existieren viele Gebetszentren, meist in Verantwortung evangelikaler Kirchen. Sie werden stark nachgefragt: weil die Bevölkerung sehr gläubig ist, aber auch aufgrund ihrer starken räumlichen Verbreitung und der meist kostengünstigen Aufnahme.
Neue Wege in der Hilfe für psychisch Erkrankte
Da sich unser Verein dem Ziel verschrieben hat, Menschen mit psychischen Erkrankungen von ihren Ketten zu befreien, müssen wir uns auch diesem schwierigen Thema annehmen. Startpunkt in der Elfenbeinküste ist seit November 2022 die Kooperation mit einer protestantischen Kirche, der CMA, die selbst über 400 Gebetszentren im Land betreibt. Seit 2022 sind wir im Gespräch mit ADIAS, der entwicklungsorientierten Einheit der Kirche, um die Problematik der Misshandlungen sowie der fehlenden medizinischen Behandlung in den Zentren zu lösen. Dreh- und Angelpunkt sind dabei die Verantwortlichen der Gebetszentren, die sog. Propheten: Wenn diese nicht in der Lage sind, eine schwere psychische Erkrankung zu erkennen bzw. sich weigern, diese von einem medizinischen Experten medikamentös behandeln zu lassen, geht das unnötige Leiden der betroffenen Menschen weiter.
Daher freuen wir uns sehr, dass wir im Rahmen eines ersten Pilotprojekts gemeinsam mit ADIAS versuchen, das Problem bei der Wurzel zu packen: In rund 180 Gebetszentren im Westen des Landes wurden die Verantwortlichen zur Behandlung psychisch kranker Patient*innen befragt. Deutlich wurde, dass es in der Tat ein Defizit der Wahrnehmung psychischer Erkrankungen gibt. Drei regionale Fortbildungen mit jeweils 50-60 Verantwortlichen von Gebetszentren konnten im Februar und März 2023 bereits die Grundlage für ein verbessertes Verständnis der psychiatrischen Krankheitsbilder sowie den richtigen Umgang mit Erkrankten legen. Geplant ist weiterhin, in Kooperation mit den lokalen Gesundheitsdiensten eine fachliche Behandlung für psychiatrische Patient*innen der Gebetszentren anzubieten.
Mit dieser Kooperation wollen wir wichtige erste Schritte unternehmen, um humanere Bedingungen für die betroffenen Menschen in Gebetszentren zu ermöglichen. Uns ist bewußt, dass es ein langer Weg ist, bis alle Menschen mit psychischen Erkrankungen eine adäquate Behandlung erhalten – und wir hoffen dabei auch auf Ihre Unterstützung!